Geothermische Nutzung von Seewasser in Verbindung mit einer Qualitätssicherung der genutzten Seen

Im Zusammenhang mit der aktuellen Energiewende kann auch die geothermische Seewassernutzung eine bedeutende Rolle spielen. Sie erfordert kaum einen zusätzlichen Flächenverbrauch und leistet bei entsprechender Anpassung einen Beitrag zur Verringerung der nachteiligen Folgen des Klimawandels für die Wasserbeschaffenheit von Seen.

Die geothermische Seewassernutzung ist ein etabliertes Verfahren und wird mittlerweile an einer Vielzahl von Seen verwendet. 

Infolge der im Vergleich zu anderen Oberflächen geringen Albedo (Rückstrahlvermögen) von Seeflächen erwärmen sich Seen durch die Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten sehr stark und bilden damit effektive Wärme- und Energiespeicher.

Durch den Grundwasserzustrom kommt es aber auch im Winter zu einem Wärmeeintrag, so dass Seen ganzjährig als Energiequelle genutzt werden können. Für die energetische Nutzung von Seen wird dem Seewasser mittels Wärmepumpen Wärme entzogen und zum Beispiel auf ein Heizsystem bzw. eine Warmwasserversorgung übertragen oder kaltes Seewasser direkt zur Raumkühlung (Klimatisierung) genutzt. Der Energiegehalt von Wasser beträgt ca. 1,2 bis 1,5 kWh / (m3* K). In einem Gewässer von 23 ha Fläche, 50 m Tiefe und 5 Mio. m3 Wasservolumen ergibt sich bei einem zu bewirtschaftenden Wasservolumen von 1,5 Mio. m3/ Jahr und einer Absenkung der Wassertemperatur von 4 Kelvin demnach eine potentielle Energieausbeute von 7.200 - 9.000 MWh pro Jahr.




Funktionsprinzip einer Wärmepumpe bei Seewassernutzung (rechte Graphik: BINE 2001, verändert) 


Infolge der geothermischen Nutzung kommt es zu Veränderungen im Wärmehaushalt des Sees, die auf das Zirkulationsverhalten und in der Folge auch auf weiter Güteparameter wie Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt einwirken. Die dabei entstehenden Effekte können in Abhängigkeit von dem Gewässerzustand des jeweiligen Sees güteneutral erfolgen, oder auch negative bzw. positive Auswirkungen hervorrufen.

Die geothermische Seewassernutzung kann demnach auch zur Verbesserung der Wasserqualität und insbesondere zur Vermeidung von Negativeffekten, die sich aus der Erwärmung des Seewassers durch den Klimawandel ergeben, genutzt werden. Zu hohe sommerliche Wassertemperaturen können gesenkt und weiter Qualitätsparameter der Wasserbeschaffenheit sowie das Zirkulationsverhalten verbessert werden. Bereits durch eine an den Zielen der Qualitätssicherung orientierte Entnahme- und Rückleittiefe kann die Seewasserbeschaffenheit erheblich beeinflusst werden. Unter anderem ermöglicht die Entnahme des Brauchwassers aus einem sauerstoffreichen Epilimnion (oberflächennahe Schicht eines temperaturgeschichteten Sees) und seine Rückleitung (nach geothermischer Nutzung und Abkühlung) in ein sauerstoffarmes Hypolimnion (Tiefenwasserbereich eines temperaturgeschichteten Sees) einen Sauerstofftransport in die Gewässertiefe. Dieser Effekt kann durch die künstliche Belüftung des Rücklaufwassers, z. B. mittels eines einfachen Venturi-Systems, mit minimalem Aufwand noch weiter optimiert werden. In Abhängigkeit von Gewässertyp und -zustand ist die Integration einer Vielzahl weiterer Verfahrensschritte, die eine Verbesserung der Wasserqualität bewirken, in die geothermische Seewassernutzung möglich.

Die Verbindung der energetischen Nutzung eines Sees mit dessen Restaurierung oder langfristigen Gütesicherung ist an Gewässern unterschiedlicher Größe und Ausgestaltung möglich, wobei die erreichbare Energieausbeute selbstverständlich mit dem zur Verfügung stehenden Wasservolumen ansteigt. Unmittelbar durch das Verfahren bewirkte Güteverbesserungen, die wesentlich durch Intensivierung der Wasserzirkulation hervorgerufen werden, kommen in erster Linie tieferen, im Sommer geschichteten Seen zugute. Eine kostengünstige Kombination mit weiteren Restaurierungsmaßnahmen unter Nutzung von Synergieeffekten lässt sich sowohl in flachen wie in tiefen Seen erreichen.

Vor der Durchführung eines solchen Projektes müssen die beiden folgenden Fragenkomplexe geklärt werden:

Die Bearbeitung des zweiten Punktes erfordert die Durchführung eines Untersuchungsprogramms zur Erfassung der güterelevanten Daten des Sees. Damit wird die Grundlage zur Ermittlung der gewinnbaren Energiemenge und zur Bestimmung der vorhandenen Defizite sowie des daraus abzuleitenden Restaurierungsbedarfs geschaffen. In Abhängigkeit von dem festgestellten Restaurierungsbedarf ist dann zu klären, ob und welche zusätzlichen Restaurierungsmaßnahmen in Kombination mit der geothermischen Nutzung umzusetzen sind. Das im Einzelfall jeweils geeignetste Vorgehen sollte vorab durch den Vergleich unterschiedlicher Planvarianten mittels eines hydrodynamischen Simulationsmodells wie DYRESM/CAEDYM oder ELCOM/CAEDYM ermittelt werden.

Für die geothermische Seewassernutzung eines Baggersees bei Düsseldorf wurden vier Varianten berechnet. Durch die Ermittlung und Darstellung der unterschiedlichen Auswirkungen auf die güterelevanten Parameter, wie Temperaturhaushalt, Sauerstoffhaushalt, Nährstoffhaushalt etc., konnte eine Variante eindeutig priorisiert werden. Die folgenden Abbildungen zeigen die Prognoseergebnisse für die Entwicklung des Sauerstoffhaushaltes unter Bezug auf zwei bereits vom künftigen Klimawandel mitgeprägte Modelljahre. Der Modellzeitraum umfasste insgesamt 22 Jahre.